top of page

Die zwei Phasen des Laufens – was der Laufspruch von George Sheehan uns wirklich sagen will

Es klingt wie ein Märchen aus der Neuzeit: Jeder Lauf wird am Ende ein Lauf für die Seele, auch wenn der Anfang anstrengend ist. Hat der ehemalige Arzt und Spitzensportler George Sheehan mit seinem bekannten Zitat “Die erste halbe Stunde laufe ich für meinen Körper, die zweite halbe Stunde für die Seele“ etwa die Wirkungsweise des Laufens entschlüsselt? – beyond the runners’ feelings. 

Foto-Collage von Nele Dörk mit einem Zitat von George Sheehan
Eines der bekanntesten Laufzitate von George Sheehan

Die erste halbe Stunde laufe ich für meinen Körper, die zweite halbe Stunde für die Seele. - George Sheehan

Das Zitat zeigt uns, dass Laufen nicht nur eine körperliche Aktivität (Überraschung) ist, sondern auch eine mentale und emotionale Wirkung hat. Am Ende bedeutet das: Wer durchhält, erlebt oft den Punkt, an dem Laufen nicht mehr nur Mühe, sondern ein Gefühl von Freiheit und Leichtigkeit wird.


Ein Lauf in zwei Akten – körperlich vs psychisch


Dieser Spruch wird oft als eine der großen Wahrheiten des Laufens zitiert. Aber trifft das wirklich auf jede:n zu? Kann man das Laufen so klar in zwei Phasen unterteilen – erst das Körperliche, dann das Seelische? Oder ist das nur eine idealisierte Vorstellung?

Ich liebe diesen Spruch. Er zeigt auf ganz direkte, ehrliche Art und Weise, wie sich das Laufen anfühlen kann. Sheehan spricht hier zunächst von einer körperlichen Anstrengung, dann von einer seelischen Befreiung. 


Phase 1: Die erste halbe Stunde – Laufen für den Körper


In den ersten Minuten eines Laufs ist unser Körper gefordert: Die Muskulatur muss sich aufwärmen, die Atmung passt sich an, das Herz-Kreislauf-System erhöht seine Leistung. Die ersten Kilometer sind oft von einer gewissen Anstrengung begleitet. Denn auch physiologisch gesehen durchläuft unser Körper hier mehrere Anpassungsprozesse:

  • Erhöhung der Sauerstoffaufnahme: Unsere Lunge arbeitet intensiver, um mehr Sauerstoff ins Blut zu transportieren.

  • Wärmezunahme in den Muskeln: Die Durchblutung steigt, Muskeln werden geschmeidiger. Wir kommen so langsam in Fahrt.

  • Umstellung des Stoffwechsels: Der Körper beginnt, Kohlenhydrate oder Fett als Energiequelle zu nutzen.


Viele Läufer:innen empfinden diese Phase als anstrengend – der Gedanke ans Aufhören oder wie nervig dieser Lauf doch ist, kommt wahrscheinlich sehr oft vor. I feel that. Doch wer jetzt dranbleibt, der kann vielleicht das erleben, wovon Sheehan spricht und eine Transformation erleben.


Phase 2: Die zweite halbe Stunde – Laufen für die Seele?

Nach etwa 30 Minuten kann sich das Laufen leichter anfühlen. **Die Atmung stabilisiert sich, der Rhythmus findet sich, wir kommen in einen richtig tollen Flow. Womöglich ebnet sich hier sogar der Weg zum sagenumwobenen Runner’s High. Das Gefühl von Schwerelosigkeit, Leichtigkeit und Euphorie.

Wir laufen für die Seele. Und ich fühle das. Die ersten 3-4 Kilometer sind für mich auch oft am anstrengendsten. 

Doch jetzt kommt das aber – mein ABER. Gilt das wirklich für jeden Lauf und für jede:n Läufer:in?



Der Mythos vom "Laufen für die Seele"


Die Vorstellung, dass nach der ersten halben Stunde ein Zustand der mentalen Leichtigkeit eintritt, ist eine romantisierte Idee, die nicht auf jede:n zutrifft. Manche Läufer:innen erleben diesen Effekt erst nach Wochen oder Monaten des Trainings, andere vielleicht nie. Traurig, aber wahr.


Vor allem Laufanfänger:innen spüren oft durchgehend die körperliche Anstrengung und brauchen länger, um ein Gefühl der Leichtigkeit zu entwickeln. Auch bei Intervallen oder Tempoläufen ist man durchgehend körperlich gefordert und kommt nicht in die entspannte „Flow“-Phase. Man läuft einfach. Und nicht jeder Lauf wird am Ende angenehm – Stress, Wetter, persönliches Wohlbefinden sind immer Faktoren, die einem Lauf die mentale Leichtigkeit nehmen können. 


Der Spruch beschreibt ein Idealbild, das viele erfahrene Läufer:innen nachempfinden können – aber nicht jeder Lauf fühlt sich gleich an. Manche Tage sind ein Kampf von Anfang bis Ende, andere Läufe sind von Anfang an befreiend. Jede:r erlebt das Laufen anders, je nach Erfahrung, Fitnesslevel und äußeren Faktoren. 


Am Ende geht es auch nicht darum, ob der Effekt nach genau 30 Minuten eintritt oder nicht. Viel wichtiger ist die Erkenntnis, dass Laufen eine tiefere Dimension haben kann als bloße Bewegung. Manche erleben den mentalen Gewinn schon in den ersten Minuten, andere vielleicht erst nach mehreren Kilometern oder sogar erst nach vielen Monaten. 


Ob du also für den Körper, die Seele oder beides läufst – Hauptsache, du läufst.


コメント


コメント機能がオフになっています。
bottom of page