Kann das Laufen dabei helfen, dass wir uns bei negativen psychischen Zuständen danach besser fühlen? Ich sage: Ja. Mit gewissen Ausnahmen. Wie das Laufen helfen kann, negative Gedanken loszuwerden
Disclaimer: Dieser Beitrag basiert auf eigenen Erfahrungen und subjektiven Erkenntnissen. Ich bin keine Ärztin und schildere euch hier lediglich meine Laufgedanken – ganz persönliche #runnerfeelings sozusagen. Solltest du dich emotional labil fühlen und/oder Erfahrungen mit dem Thema gemacht haben, dann solltest du den Beitrag nicht alleine lesen. Hilfe oder Unterstützung findest du u.a. bei der Hotline der Deutschen Depressionshilfe unter 0800 / 33 44 533 oder bei regionalen sozialpsychiatrischen Diensten.
Ist Laufen gut für die Psyche?
In vielen Online- und Offline-Medien liest man, dass Sport im Allgemeinen gut für die Psyche sei. Und unterm Strich kann ich das bestätigen. Bewegung hilft bei schlechter Laune. Joggen hilft bei schlechter Laune. Für mich persönlich war Laufen schon immer mehr als "nur" eine Sportart. Schneller werden, Kalorien verbrennen und sich körperlich fit halten, waren für mich immer nur wundervolle Nebeneffekte.
Wenn ich laufe, dann schalte ich meinen Kopf aus. Also nicht im Sinne von dass ich an nichts mehr denke. Ganz im Gegenteil: Es fühlt sich so an, als wären meine Gedanken schwerelos, federleicht und das Negative verblasst mit jedem Kilometer. Ich hatte in der Vergangenheit noch keinen einzigen Lauf, nach dem ich mich noch schlechter gefühlt habe als zuvor. Und dieses Gefühl ist unbeschreiblich schön. Deshalb ja – Laufen ist definitiv gut für die Psyche und wirkt für mich wie eine Art Psychotherapie. An dieser Stelle kann ich das durchaus behaupten, da ich mich nun zum zweiten Mal in Therapie befinde. Und auch wenn man sich nach der Sitzung oder nach dem Lauf für einen Moment schlechter fühlt (Laktat-Schwelle, autsch), so sieht es 15 Minuten später schon ganz anders aus. Positiver. Die Stimmung hellt auf.
Warum hilft Laufen als Therapie?
Das Laufen kann sich auf verschiedene Weise positiv auf die Psyche auswirken:
1. Freisetzung von Endorphinen
Beim Laufen werden Endorphine im Körper freigesetzt, die ein Glücksgefühl auslösen und für eine positive Stimmung sorgen. Diese Botenstoffe helfen dir, dass negative Gedanken in den Hintergrund rücken.
2. Stressabbau
Laufen senkt den Puls nachweislich, d.h. man fühlt sich weniger gestresst. Ein niedriger Ruhepuls führt dazu, dass wir Körper und Geist beruhigen können und die negativen Gedanken leiser werden.
3. Verbesserung der kognitiven Fähigkeiten
Studien zeigen, dass regelmäßiges Johhem das Gehirn positiv beeinflusst und die kognitiven Fähigkeiten verbessern kann. Laufen lenkt dich ab und bringt dich auf andere Gedanken, da man sich auf die Umgebung und den Körper fokussiert.
4. Erhöhung des Selbstbewusstseins
Das Erreichen von Laufzielen und die Verbesserung der körperlichen Fitness können das Selbstbewusstsein stärken. Wenn man sich körperlich und geistig besser fühlt, kann dies dazu beitragen, negative Gedanken zu reduzieren. Durch das Laufen kann man auch ein Gefühl der Kontrolle über das eigene Leben erlangen, was ebenfalls das Selbstbewusstsein steigern kann.
5. Reduktion von Angst und Depressionen
Das Joggen kann helfen, Angst und Depressionen zu reduzieren, da es einen positiven Einfluss auf die Stimmung und das Wohlbefinden hat und die Freisetzung von Stresshormonen verringert.
Eine Sache ist also Fakt: Laufen wirkt sich nachweislich positiv auf den Körper und den Geist aus. Das bedeutet, dass das Laufen nicht nur körperliche Schmerzen lindert, sondern auch den Geist beruhigt und ein Gefühl der Entspannung und Zufriedenheit auslöst.
An dieser Stelle muss ich anmerken, dass man die Kraft zum Laufen und die physische Gesundheit natürlich noch haben muss. Diese beiden Faktoren besaß ich in den letzten Monaten noch für eine kurze Zeitspanne. Doch dann besaß ich sie nicht mehr.
Negative Gedanken durch Laufen loswerden – wann es funktioniert und wann nicht
Bei Depressionen und Angststörungen läuft der Hase ein wenig anders – im wahrsten Sinne des Wortes. Manchmal kann man sich nicht bewegen, möchte nicht aufstehen und kann nicht nach draußen gehen. Man kann es einfach nicht. Punkt. Eine Lauftherapie kann nicht immer bei einer Symptom-ähnlichen Depression helfen. Und wenn sie das kann, so sollte sie nie als einziges Mittel dienen. Für mich persönlich ist der oben genannte, vierte Punkt sehr relevant: Selbstbewusstsein und Kontrolle. Das Laufen zeigt mir, dass ich über mich und meinen Körper bestimmen kann. Ich entscheide schließlich, wie weit und wie schnell ich laufen möchte. Dass dieser Gedankengang ganz schnell ins Negative kippen kann, war mir kaum bewusst.
Ich leide an Erschöpfungsdepressionen. Zeitweise an Depressionen allgemein. An Ängsten und physischen Faktoren, die das Laufen unmöglich machen können. Und vor der Depression weglaufen kann ich gewiss nicht. Unterm Strich bedeutet das für mich absoluter Kontrollverlust. Ich will Laufen, kann aber nicht.
Es gibt einen sehr wichtigen Unterschied zwischen negativen Gedanken und Depressionen: Die einen kommen und gehen, die anderen sind eine Krankheit und bedürfen einer Behandlung. Laufen, bzw. Bewegung im Allgemeinen hilft nicht immer bei Antriebslosigkeit. Der Grat zwischen fehlender Motivation und keiner Kraft aus gesundheitlichen Gründen ist sehr, sehr schmal. Ich musste Schritt für Schritt lernen, auf meinen Körper zu hören – mein Lauftraining hatte irgendwann keine oberste Priorität mehr.
Eine Lauftherapie hilft dir nur dann, wenn du dich zwar überwinden, aber nicht zwingen musst. Wenn dir dein Körper ein eindeutiges Signal für mehr Bewegung gibt. Du kannst auch Joggen oder Walken. Oder du machst wie ich eine Kombination aus beidem.
Kann das Laufen negative Gedanken verschlimmern?
Ja. Wenn du dir zusätzlichen Druck während des Laufens machst, dann kann dein Lauftraining oder auch andere Sportarten depressive Symptome verschlimmern. Ich rede hier bewusst von Symptomen, weil Depressionen als Diagnose das Thema viel größer machen würde, als ich es an dieser Stelle geplant habe. Wenn du Laufen als Therapie in Erwägung ziehst, dann befreie dich vom jeglichem Druck.
Für mich zählte letztendlich nur, dass ich mich bewege und laufe – egal wie schnell, egal wie weit. Die Gefahr, dass es dir schlechter geht, wenn du deine Ziele nach einem Lauf nicht erreicht hast, ist zu hoch und in meinen Augen nicht empfehlenswert.
Lies hier: Monatelange Laufpause – Zwischen Mental Breakdowns, Selbstzweifeln, zu viel Motivation und Ängsten
3 Ideen, wie du negative Gedanken durch den Laufsport loswerden kannst
1. Schließe dich einer Laufgruppe an
Laufgruppen helfen dir, dass du mit deinen negativen Gedanken nicht alleine bist. Durch das Joggen in einer Gruppe kann man soziale Kontakte knüpfen und sich gegenseitig motivieren, was zu einer positiven Stimmung beitragen kann. Außerdem sorgt es für eine Routine, die Betroffenen oftmals fehlt und helfen kann, an etwas festzuhalten.
2. Halte deine Lauferfolge schriftlich fest
A apropos an etwas festhalten: Wie wäre es mit einem Bewegungstherapie-Tagebuch? Ganz gleich, ob du deine Erfolge schriftlich in einem Journal festhältst, Fotos machst oder Social Media dafür nutzt – das Visualisieren von Zielen hilft dir, dich darauf zu konzentrieren. Und da Ziele per se nichts negatives sind, fokussierst du dich fast automatisch auf das Positive.
3. Laufe mit Musik oder höre einen Podcast
Das ist mein ganz persönlicher Tipp, der mir immer weiterhilft: Ich habe bei meinen Läufen immer einen Podcast auf den Ohren der mir hilft, mich mit dem Gesagten auseinanderzusetzen. Ich habe gar keine andere Wahl, als dass ich zuhöre und mich von meinen Gedanken befreie. In extremen Fällen, d.h., wenn es mir wirklich nicht gut geht, höre ich auch mal Musik. Und wisst ihr was? Dann bin ich der Protagonist der Geschichte. Musik löst oftmals jegliche Unruhe und hat eine ganz beruhigende Wirkung.
Fazit: Eine Lauftherapie kann dich besser fühlen lassen
Ich liebe das Laufen. Wenn der Tag mies war, dann laufe ich. Wenn ich mich nicht konzentrieren kann, dann laufe ich. Fühle ich mich antriebslos und lustlos, laufe ich. Das Laufen nimmt mir Ängste und Sorgen und gibt mir Zuversicht. Kontrolle. Und positive Gefühle. Mir ist bewusst, dass man bei stark negativen Gedanken nicht mal annähernd an Bewegung denken mag. Das ist in Ordnung. Doch wenn ich mich an meine Läufe erinnere dann kann ich mit einem Lächeln sagen, dass es mir währenddessen und danach immer ein klein wenig besser ging.
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