Mit 30 Jahren noch so geschmeidig laufen wie in jüngeren Jahren? Wohl kaum.
Wie sich mein Laufverhalten und Körper im Laufe der Jahre verändert haben und wie es möglich ist, auch mit 30+ noch schmerzfrei laufen zu können.
Laufen über die Jahre – eine Achterbahnfahrt
“Joggen im Laufe der Jahre” – hier würde ich am liebsten einen großen Seufzer rauslassen. Wenn ich zurückblicke, dann hatte ich ganz tolle Lauf-Jahre. Am Ende bleiben jedoch viele Wünsche.
Manchmal wünsche ich mir, ich hätte schon früher die Liebe zum Laufen entdeckt. Manchmal wünschte ich, ich wäre nachsichtiger mit meinem Körper umgegangen. Und oft wünsche ich mir, ich hätte meine Laufziele nicht aufgeschoben. Das, was hier wie ein Abschied klingt, soll natürlich keiner sein!
Versteht mich nicht falsch, das Laufleben ist mit 30 Jahren aufwärts nicht vorbei – aber es ist eben “anders”.
Doch wie fühlt sich das Laufen in den 20er-Jahren an, und das nicht nur subjektiv betrachtet?
Was kann der menschliche Körper in jüngeren Jahren leisten, was zehn Jahre später vielleicht nicht mehr optimal funktioniert? Was passiert mit Gelenken, Knochen, Faszien & Co.?
Dieser Blogbeitrag beinhaltet nicht nur meine persönliche Reise des Laufens, sondern auch die bittere Wahrheit: Je älter man wird, desto anstrengender läuft’s sich – oder?
Laufen mit 20 Jahre – die persönliche Bestform
Ich habe mit 22 Jahren das erste Mal meine Laufschuhe geschnürt. Ganz bewusst, ohne Druck und just for fun. Damals war es noch die App Runtastic, die mich begleitet hat. Eine Laufuhr hatte ich nicht. Brauchte ich auch nicht.
Doch eine Sache nehme ich gleich vorweg: Die größte Herausforderung zu dieser Zeit war meine Kondition. Ich blieb vollkommen schmerzfrei, körperlich und mental. Solange, bis ich 30 Jahre alt wurde.
Ein kleiner Throwback der 20er Laufjahre
Es folgten erste Wettkämpfe, ich informierte mich über verschiedene Trainingsläufe, lernte Intervalle kennen, hasste sie, absolvierte Tempoläufe, hasste sie noch mehr. Doch egal, wie anstrengend das Training war – die Liebe zum Laufen war immer größer.
Meine Hochphase hatte ich im Jahr 2021. Bestzeit auf 5 Kilometer. Ich lief und lief und lief. ES lief. Zwei Wochen nach meinem 30. Geburtstag lief ich meinen bisher letzten Halbmarathon. Dann klingt es fast schon absurd, dass 2022 der große Fall kam. Meine allererste Verletzung. Ich bin umgeknickt. Und zwar so, wie es sich gehört: Nicht beim Sport, nicht beim Laufen. Nichts halbes und nichts Ganzes. Rückblickend glaube ich, dass sich mein gesamter Bewegungsapparat davon nie erholt hat.
Körperliche Veränderungen und Vorteile: Joggen in den 20ern
In meinen 20er Jahren war ich motiviert, hatte keine Angst vor Verletzungen und kannte sportlich keine Grenzen – einzig allein meine Motivation und Geduld waren entscheidend. Vier Halbmarathons, minimal müde Beine. Ich war fit – was natürlich auch mit der körperlichen Gesundheit im jüngeren Alter zutun hatte:
Wir gehen davon aus, dass es sich um einen relativ gesunden, weiblichen Körper handelt. Junge Erwachsene – mich eingeschlossen –haben eine höhere Stoffwechselrate, was das Abnehmen und die Gewichtskontrolle erleichtert. Joggen verbrennt effektiv Kalorien und kann helfen, ein gesundes Gewicht zu halten. Ich konnte essen, was ich wollte. Mein Stoffwechsel funktionierte wunderbar. Und ja – ich habe durch das Laufen an Gewicht verloren. Alles in allem liefen die Dinge bei mir im wahrsten Sinne des Wortes so, wie sie sollten.
In den frühen 20ern ist der Körper auf dem Höhepunkt seiner physischen Leistungsfähigkeit. Regelmäßiges Joggen stärkt unsere Muskulatur, besonders in den Beinen, und erhöht die Knochendichte. Ja, richtig gelesen: Joggen regt die Knochenzellen an, das Risiko für Osteoporose sinkt. Ein Grund hierfür ist, dass der Aufbau maximaler Knochendichte bis zum Alter von etwa 30 Jahren erreicht wird (Quelle). Auch stärkt Joggen nicht nur die Knochen, sondern auch die Muskeln, die die Knochen stützen. Stärkere Muskeln entlasten das Skelett und reduzieren das Risiko von Knochenbrüchen (Frontiers).
Studien haben gezeigt, dass moderate körperliche Aktivität das Immunsystem stärkt und die Entzündungsrate im Körper senkt. Aber wie gesagt: Moderat! Unser Immunsystem arbeitet im jüngeren Alter in der Regel ziemlich gut, dennoch gibt es hier auch einen Umkehreffekt: Während moderate Bewegung das Immunsystem stärkt, kann übermäßiges Training, insbesondere intensives Ausdauertraining das Immunsystem vorübergehend schwächen und das Infektionsrisiko erhöhen. Das ist als "Open-Window"-Effekt bekannt, bei dem nach intensivem Training das Immunsystem für einige Stunden bis Tage geschwächt ist. Also: Regeneration!
Mein Körper war ein absoluter Selbstheiler. Körperlich hatte ich kaum das Bedürfnis, dass sich meine Muskeln erholen müssen.
Jüngere Menschen haben eine höhere Rate an Muskelproteinsynthese, was bedeutet, dass ihre Muskeln schneller auf Belastungen reagieren und sich reparieren können. Dies ermöglicht eine schnellere Wiederherstellung nach dem Training (Health & Fitness Blog - NASM).
Ich hatte hohe Ansprüche an meinen Körper, die jedoch auch mit den Trainingserfolgen zu tun hatten. Es tut mir leid, dass ich diese Worte nun schreibe, aber ich erwartete jeden Tag von meinem Körper, dass er funktioniert. Warum sollte er auch nicht, es lief ja alles. Trainingspläne und Longruns wurden ohne Kompromisse durchgezogen, egal ob ich mich danach gefühlt habe oder nicht. Das mag manch eine:r vielleicht Ehrgeiz nennen; ich nenne es rückblickend Ignoranz meinem Körper gegenüber.
Unterm Strich: Die Trainingserfolge zeichneten sich deutlich ab. Doch irgendetwas passierte, als ich 30 wurde. Als würde jemand einen Schalter umlegen. Blame it on the age, aber plötzlich war wirklich nichts mehr, wie es war.
Laufen mit 30 – was sich bei mir verändert hat
Es ist ein Wiedersehen der etwas anderen Art. Man hat sich lange nicht gesehen, der Alltag ist ein anderer, alte Routinen mussten neuen weichen. So oder so ähnlich fühlt sich das Laufen in meinen 30er Jahren an, geplagt von langen Laufpausen, dem Brechen einer Freundschaft, dem sich vertragen und versöhnen, obwohl die nächste Auseinandersetzung schon zähnefletschend in der nächsten Ecke lauert.
Ganz wichtig: Ich glaube fest daran, dass auch Laufen mit zunehmendem Alter noch richtig gut funktionieren kann. Wenn man ein paar Dinge nicht (wie ich) auf die leichte Schulter nimmt.
Erholung und Verletzungsprävention spielen mit zunehmendem Alter eine wichtige Rolle, das heißt mehr Ruhetage. Auch das Verletzungsrisiko steigt oftmals mit zunehmendem Alter – entweder, weil wir selbst vorsichtiger werden, unsicherer oder unser Körper sich natürlich auch verändert (Verywell Fit).
Meine Orthopädin hat letztens zu mir gesagt, dass nicht mehr alle Dinge im Sport noch genau so funktionieren, wie es noch vor Jahren der Fall war – und es sei wichtig, dass man sich nicht nur auf eine Sportart fokussiere. Und was soll ich sagen… Sie hat recht.
Je älter man wird, desto wichtiger wird es, das Training anzupassen, um Überlastungen zu vermeiden. Dies kann bedeuten, mehr Wert auf Aufwärmen, Dehnen und Krafttraining zu legen, um die Laufleistung zu unterstützen und Verletzungen vorzubeugen. Ich sag mal so: Rückblickend hätten mir die wenigen Einheiten Stabi- und Krafttraining garantiert nicht geschadet.
Doch wie sieht das Laufen mit 30 in der Praxis bei mir aus?
Während ich diesen Beitrag schreibe, bin ich 32 Jahre alt. Ich laufe in der Woche vielleicht 5-10 Kilometer, mit Gehpausen. Zumindest aktuell. Das ist natürlich einer sehr langen Verletzungsodyssee zu verdanken. Es zwickt hier und da, mal das Schienbein, dann das Knie. Meine Kondition ist – soweit ich es beurteilen kann – echt gut! Aber meine Muskelkraft… puh!
Psychische Veränderungen als Läuferin über 30
Nicht nur der Körper verändert sich, sondern auch die Psyche. Ich denke mittlerweile anders über das Laufen nach. Ich sehe es als Geschenk, als etwas, das ich nach wie vor DARF und was mein Körper noch leisten kann. Bestzeiten? Muss nicht mehr sein. Lange Distanzen? Lieber nicht. Ich setze mir kaum feste Trainingstage, laufe nach Gefühl und ohne dass ich mich stresse. Laufen ist ein großer Genuss geworden. Ob es jetzt schlechter oder besser ist? Ehrlich gesagt, weder noch.
Ich habe noch Wünsche, natürlich. Gerne würde ich nochmal einen Halbmarathon laufen, noch lieber hätte ich meine 10-Kilometer-Bestzeit in unter 50 Minuten geknackt. Doch es gibt eine Sache, die mehr als alles andere zählt:
Die runnerfeelings sind noch immer da – sie sind jetzt anders. Und dieses “anders” fühlt sich doch ganz gut an.
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