Laufen hilft bekanntlich gegen Stress. Aber kann es nicht genau auch der umgekehrte Fall sein? Warum Laufen auch nicht gegen Stress helfen kann
Laufen und Stress
Dass Laufen gegen Stress helfen kann, belegen zahlreiche Studien.* Und prinzipiell denke ich auch, dass dem so ist. Aber (und ja, hier kommt das Aber): Stress kommt nicht ohne weitere Wehwechen, die wir mit uns herumtragen, wenn wir uns gestresst fühlen. Stress macht uns müde, wütend, traurig und bringt unseren Körper und Kopf durcheinander.
In solchen Situationen wünsche ich mir nichts sehnlicher, als laufen zu gehen und einen guten Lauf zu haben. „Ein guter Lauf lässt dich am Ende besser fühlen und wird dir helfen, Nele“, denke ich mir öfters. Dieser Gedanke, dass ich einen für mich erfolgreichen Lauf erwarte, stresst mich jedoch ebenfalls. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass nicht nur ich diesen Gedanken habe. Versuchen wir also hin und wieder, Stress mit Stress zu kompensieren? Ich denke ja – vor allem, wenn die Lösung von Stress in sportlichen Aktivitäten liegt.
Versteht mich nicht falsch – in den meisten Fällen hilft Sport ungemein gegen Stress. Das habe ich selbst erlebt und es geht vielen wahrscheinlich genauso. Aber Stress ist schließlich nicht gleich Stress.
Kann Laufen Stress verursachen?
Laufen bedeutet Stress für den Körper. Immer. Auch in Situationen, in denen wir keinen Stress bemerken. Unser Körper geht beim Laufen Höchstleistungen ein, wir verbrauchen Energie. Das ist keine Überraschung. Aber: Es ist Stress für unseren Körper.
Diese Art von Stress geschieht eher unbewusst und wir nehmen ihn gar nicht als solchen wahr. Manchmal ist unser Körper so vom Stress eingefangen, dass sich noch mehr Stress anstaut, anstatt dass sich dieser in Luft auflösen soll. Der Stresspegel schießt beim Laufen umso mehr nach oben, desto mehr Druck wir in uns aufbauen – eine schnellere Pace, bewusstere Atmung, schnellere Beine.
Nach dem Lauf kommen wir verschwitzt zuhause an, vorerst glücklich aber auch kaputt. Aber dieses Hoch hält nur einen Moment an, bis wir voller Erschöpfung in unser Bett fallen. Wenn der Körper weiter vibriert, wir schlecht innerlich zur Ruhe kommen und uns schwer anstatt leichter fühlen, dann bedeutet das: Dieser Lauf war eher Stress als ein Loslassen.
Laufen und Stress – ein ewiges Zusammenspiel
In den meisten Fällen kommen meine Gedanken beim Laufen zur Ruhe. Meine Psyche entspannt sich, nach wenigen Kilometern machen sich Glücksgefühle bemerkbar und ich fühle mich richtig gut. In letzter Zeit merke ich jedoch immer öfter, dass sich diese Gefühle bei mir nicht auftun – anstatt mich zu entspannen wirke ich beim Laufen angespannt, fühle mich von mir selbst unter Druck gesetzt und bin ordentlich am schnaufen. Tja. Und nun?
Laufen bei und gegen Stress – zurück zu den Wurzeln
Zunächst einmal gilt: Geduld haben. Ja, ich bin auch kein großer Fan davon, Dinge einfach aussitzen zu müssen. Erst einmal muss der Stresspegel im Körper sinken – und mit ihm der Gedanke, doch jetzt mal wieder laufen gehen zu müssen, zu sollen, zu dürfen. Mir persönlich hilft es immer, wenn ich mir keine zusätzlichen Aufgaben gebe, die ich schaffen möchte. Bedeutet: ich versuche jegliche Anstrengung zu vermeiden. Viel ausruhen. Viel schlafen. Wenig soziales Leben. Nur Zeit mit mir und für mich. Mittlerweile kann ich das auch ganz gut, denn die Zeit mit mir selbst ist am Wichtigsten. Ob andere Menschen in dieser Zeit etwas unternehmen, rausgehen und sich verabreden tangiert mich wirklich nur peripher.
Übrigens: Ihr werdet es merken, wenn sich euer Stresslevel gesenkt hat. Dann gilt es, ohne jegliche Erwartungen in einen Lauf zu starten. Nehmt euch für den Anfang nicht zu viele Kilometer vor und schaltet lieber noch zwei bis drei Gänge zurück, wenn ihr euch danach fühlt. So richtig fordern und motivieren könnt ihr euch bald wieder von ganz alleine.
Lies hier: Mit Geduld zum Lauferfolg
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