Jede:r Läufer:in kennt Laufpausen. Manche Pausen machen wir bewusst, zu anderen sind wir wiederum gezwungen. Seit 4 Monaten kann ich nun gar nicht oder konnte nur sehr kurz laufen. Mein mentaler Kampf und wie ich versuche, positiv zu denken
Laufpause – wie alles begann
Ich falle mit der Tür gleich ins Haus: Seit Anfang März 2022 geht es mir nicht besonders gut. Physisch als auch psychisch. Es fing mit Corona an, einer darauffolgenden Laufpause, Probleme mit der Bandscheibe, einer Bänderzerrung, die mich zwei Monate in die Knie gezwungen hat und anschließend einer richtig fiesen Sommergrippe, mit Fieber und allem, was sonst dazugehört. Dazwischen: Zurückkämpfen zum Laufen, Atemprobleme dank Corona, Physiotherapien, privaten Herausforderungen und auch mein Vollzeitjob stellte mich auf die Probe. Nehmen wir das Ganze einmal zusammen, dann bildet sich eine riesige Wolke an Problemen. Nicht Herausforderungen – Problemen. Zumindest für mich war all das in dieser kurzen Zeit einfach viel zu viel. Ich ließ mich fallen. Und ich blieb erstmal liegen.
Nach Corona ist das Laufen so eine Sache – du kannst und darfst wieder, aber es funktioniert nicht so richtig. Das ist frustrierend, trotzdem habe ich nicht aufgegeben. Ich weiß, dass ein Körper nie verlernt und dass es dauern würde, bis sich das Laufen wieder federleicht anfühlen würde. Also hieß es: durchbeißen. Ich kann entscheiden, ob ich meine volle Energie dafür aufwende und mich wieder zurückkämpfe, oder ob ich es sein lasse. Die Entscheidung fiel mir leicht: natürlich kämpfe ich! Ich zählte ganze drei Wochen, als das Laufen wieder leichter wurde. Was für ein schönes Gefühl. Meinem Rücken tat das Ganze auch gut. Bis dann der große Knall kam.
Zerrung der Bänder. All die Mühe, all der Kampfgeist waren innerhalb von Sekunden zunichte gemacht. Fühlten sich völlig umsonst an. Wusstet ihr, dass eine Zerrung der Bänder viel länger dauert als ein Bänderriss? Ich wusste das nicht. Auf mich warteten 6 Wochen Schiene, 5 Tage Krücken und 2 Monate in Summe Laufpause. Und: ein immenser Leidensweg.
Ich habe täglich versucht, mich mit all dem irgendwie zu arrangieren. Zu verstehen, warum ich gefühlt das Pech gepachtet habe. Heute bin ich mir absolut sicher: Das war ein Ermüdungs-Einbruch. Denn die Wochen zuvor waren in jeglicher Hinsicht, auf allen Eben einfach zu viel. Ich schwamm, der Kopf jedoch fast unter Wasser.
Was Verletzungen angeht, muss ich euch an dieser Stelle etwas verraten: ich war noch nie großartig verletzt. Nie. Weder was gezerrt, noch gebrochen, noch sonstwas. Passiert mir jedoch etwas, bekomme ich eine Angst. Angst, weil ich besagte Verletzung nicht kenne und einen unfassbaren Ekel verspüre. Deshalb fällt es mir so schwer, mich Dinge zu trauen, es zu versuchen. Mein blauer Fuß hat mich beim Anblick absolut geekelt. Irgendwann kam der Moment an dem ich wusste: “Okay, Nele, dir kann nichts passieren also trete verdammt nochmal auf!” Ab diesem Zeitpunkt begann meine Regeneration und mein Weg zurück zum Laufen.
Nach der Laufpause ist vor dem ersten Lauf
Dehnübungen, Home-Workouts, Spinning, … täglich arbeitete ich daran, das Gefühl in meinem Fuß zurück zu bekommen und mein gesamtes Bein auf die Belastung, die das Laufen nunmal mit sich bringt, vorzubereiten. An manchen Tagen lief es super, an vielen Tagen aber auch eher semi-gut. Ich war mir nie wirklich sicher, ob es überhaupt schon der richtige Zeitpunkt war, meinen Fuß zu belasten. Mein Orthopäde meinte jedoch, dass ich alles machen darf, was mit der Schiene möglich sei. Also tat ich genau das.
Zwischen Angst und Motivation
Das Laufen fehlt mir so sehr. So sehr. All das Spinning, all die Workouts sind niemals ein Ersatz, soviel war sicher. Abends lag ich in meinem Bett, habe mich durch mein Fotoalbum gescrollt und hunderte Laufbilder betrachtet. Eventuell habe ich auch die ein oder andere Träne vergossen. Ob ich Angst hatte? Ohja. Angst, dass ich nicht mehr laufen kann. Aus welchen Gründen auch immer. Die Angst war für mich zu diesem Zeitpunkt absolut gerechtfertigt. Ich hatte doch in diesem Jahr so viel vor.
Je mehr Tage ins Land gingen und je mehr ich trainierte, desto schneller bemerkte ich eine Verbesserung meiner Kraft. Ich konnte den Fuß immer mehr belasten und das Cardiotraining half mir, dass ich meine Kondition zumindest auf einem relativ guten Niveau halten konnte. Irgendwann ging neben dem Fahrradfahren im Fitnessstudio (ja, ich habe mich tatsächlich aufgrund der Verletzung in einem angemeldet) auch wieder der Crosstrainer. Was vor einigen Wochen noch unvorstellbar war, ging beinahe mühelos. Ich war soweit zufrieden.
Natürlich können diese Fortschritte nicht meine privaten oder beruflichen Herausforderungen begleichen, keinesfalls. Aber zumindest gewinne ich zu einem kleinen Teil mein ventil zurück, dass mir Freiheit gibt – auch wenn es noch nicht das Laufen sein kann.
Und dann? Wie es scheint, folgt nach jedem Tief ein … weiteres Tief. Meine Glücksgefühle waren auf dem Höhepunkt als ich merkte, dass nun auch Blackbike Sessions mit meinem Fuß, mit der Schiene wieder machbar waren. Und wenige Stunden danach, mitten in der Nacht traf mich dann der Schlag: Grippe. Aber vom feinsten.
Sportpause. Die Nächste. Oder immer noch? Ich fühle mich leer, müde. Ich mag nicht mehr kämpfen und weine viel. Sehr viel.
Mit Laufpausen mental umgehen
Warum erzähle ich euch all das? Weil ich weiß, dass es vielen so geht, egal ob Läufer:in oder nicht. Ich befinde mich aktuell an einem Punkt an dem mir bewusst wird, dass sich die Dinge wiederholen – aber langfristig anscheinend nicht ändern. Klar, irgendwann geht es wieder bergauf. Und dann? Beim nächsten Tiefpunkt kommen wieder die Zweifel, die Ängste und die Traurigkeit. Wie man mit Laufpausen mental umgehen soll? Ja, gute Frage. Wäre es doch NUR eine Laufpause, ohne all die Dinge, die man gratis dazu bekommt. “Nein, danke!”, wäre da meine Antwort gewesen, aber gratis bedeutet scheinbar, man nimmt es trotzdem an. Ich fühle mich müde. Von allem. An manchen Tagen weiß ich, dass alles wieder gut wird und bin voller Vorfreude auf meine nächsten Läufe. An den anderen Tagen liege ich im Bett, weine, zweifle, verzweifle. Ich will Laufen, mehr als alles andere. Schon alleine deshalb versuche ich jedes Mal wieder aufs Neue aufzustehen. Ich meine, ich habe doch eine Verantwortung mit Runnerfeelings.com und auch mit euch ;) … Nein, mal im Ernst: manchmal würde ich gerne liegenbleiben und mich selbst bemitleiden. Und oftmals mache ich das auch.
Dann wiederum denke ich an all die Lauferlebnisse, an euch, an all das was wir noch gemeinsam vorhaben und die Bestzeiten, die ich noch rocken will.
Eine Laufpause fühlt sich absolut schlimm an, lasst uns das nicht schönreden. Wenn ich eine Laufpause machen möchte, dann suche ich sie mir selber aus! Wenn man aber wirklich dazu gezwungen wird und man keine Chance hat, das Laufen zu versuchen – das tut weh. Ich wünschte, ich wäre einfach nur unmotiviert. Das könnte ich ändern. Eine Verletzung, die kann ich nicht ändern. Aber muss ich sie deshalb auch akzeptieren? Rein rational betrachtet wäre die richtige Antwort: ja.
Aber aus emotionaler Perspektive bleibt mir ein trotziges “nein, muss ich gar nicht.” Ob diese Ansicht meine Situation besser macht? Gewiss nicht.
Aber so ist das manchmal: man weiß, was richtig wäre und handelt trotzdem konträr.
Ich bleibe dran. Arbeite an einem positiven Mindset in schwierigen Zeiten. Ich versuche es.
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