"Run like a girl" – Was hinter dem Social Media Trend steckt und warum er so wichtig ist
- Nele Doerk
- 15. März
- 4 Min. Lesezeit
Der März gilt als Monat der Frauengeschichte – mit ihm kommen nicht nur der internationale Frauentag am 8. März, sondern auch Memes und Trends auf Social Media. Einer fällt besonders auf: Der "Run like a girl"-Trend. Was wirklich hinter der Message steckt, wieso ihn Läufer:innen aller Welt teilen und warum er gerade jetzt so viel Aufmerksamkeit erregt – beyond the runners' feelings.

Ich bin kein Fan von Stereotypen. Ich bin kein Fan von Trends, die Geschlechterrollen in den Fokus setzen.Ebenso wenig möchte ich das ganze als Trend bezeichnen, denn diese Message sollte langlebig sein. Für uns Läuferinnen. Nein, ich muss hier nicht gendern. Denn dieser Sound gehört uns.
"Run like a girl" – die wahre Bedeutung hinter dem Spruch
Wir drehen die Zeit um 11 Jahre zurück: Der Ursprung von Run Like a Girl liegt in der berühmten Always-Werbekampagne #LikeAGirl aus dem Jahr 2014. Damals wurden Menschen gefragt, wie sie „wie ein Mädchen“ laufen, werfen oder kämpfen würden. Ihr ahnt die Antwort vielleicht bereits.
Viele ahmten stereotype, schwache Bewegungen nach. Doch als junge Mädchen dieselbe Frage bekamen, führten sie alle Aktionen mit voller Kraft, Ehrfurcht und Ernsthaftigkeit aus.
Die Botschaft: „Like a Girl“ ist und soll keine Beleidigung sein, sondern eine Form von Stärke.
Trend 2025: "What does it mean to you when I say: Run like a girl?"
Wer bis hier gelesen hat der wird sich vielleicht denken: "Moment, da fehlt doch aber noch eine Information, oder?" – ja, das ist richtig. Denn es gibt noch eine andere Aussage zu diesem Sound.
Der virale TikTok-Trend "Run Like a Girl" stammt ursprünglich aus einer Szene des Films The Girl Who Escaped: The Kara Robinson Story (2023). Der Film basiert auf der wahren Geschichte von Kara Robinson, die nach 18 Stunden Entführung und Missbrauch durch einen Serienmörder entkommen konnte. Eine der intensivsten Szenen zeigt, wie Kara aus der Wohnung ihres Entführers flieht – so schnell sie kann, ohne sich umzusehen.
Diese Szene wird auf Social Media mit der Phrase „Run like a girl – as fast as you can“ verknüpft.
Eine Botschaft, die ursprünglich für Stärke und das Überwinden von Klischees stand, bekommt eine neue, dunklere Dimension. Es ist also nicht mehr nur eine Kampfansage an veraltete Geschlechterrollen. Es ist auch eine Erinnerung daran, dass Frauen leider oft rennen müssen – im schlimmsten Fall, um ihr Leben.
"Run like a girl" – Ein Trend mit zwei Gesichtern
Auf Plattformen wie TikTok oder Instagram taucht #RunLikeAGirl in zwei sehr unterschiedlichen Kontexten auf:
Empowerment-Videos: Frauen und Mädchen zeigen sich beim Laufen, Sprinten oder Sport treiben, um zu beweisen, dass „wie ein Mädchen“ zu laufen eine Stärke ist.
Die harte Realität: Eine neue Facette des Trends rückt eine andere Wahrheit in den Vordergrund – eine, die nicht nur mit Sport, sondern mit Angst, Überleben und Sicherheit zu tun hat. Laufen ist für viele Frauen nicht nur eine sportliche Tätigkeit, sondern eine Strategie, um Gefahren zu entkommen.
... und genau an dieser Stelle sehe ich ein Problem. Hier verschmilzt die eigens gewählte Stärke und die positive Stimmung mit einem Ernstfall.
Beim ersteren sage ich: Das schneller & besser sein ist doch kein Aspekt den wir brauchen, um uns zu beweisen?!
Tja – beim zweiten sage ich: Oh doch, schneller & besser sein brauchen wir (Frauen) leider.
Zwei starke Botschaften – doch erfüllen sie ihren Zweck?
Zwei Realitäten verschmelzen hier miteinander. In meiner Instagram-Bubble sehe ich vor allem die #empowerment Version: Frauen, die sich stark fühlen, die sich zeigen, die laufen, weil sie es wollen – nicht weil sie müssen. Die mindestens genauso schnell oder gar schneller laufen als Männer.
Aber daneben existiert noch eine andere Realität. Eine Wahrheit, die wir nicht ignorieren können: Frauen, die rennen, weil sie keine andere Wahl haben. Weil Sie Angst haben. Angst, im dunkeln laufen zu gehen. Oder sogar bei Tageslicht.
Meine Gedanken hierzu:
Beweisen müssen wir anderen erstmal gar nichts.
Beweisen müssen wir uns immer wieder.
Schnelligkeit und Kraft sind nicht die einzigen Werte, die zählen.
Schnelligkeit und Kraft sind die wichtigsten Werte, die bei Kara zählten.
Wir brauchen keinen Vergleich, um stark zu sein.
Wir brauchen den Trend, um sichtbar zu sein.
Ja, wir wollen das Klischee brechen. Doch tun wir das wirklich, wenn wir uns immer wieder mit Männern messen müssen? Wenn wir unsere Stärke darüber definieren, dass wir „mindestens genauso schnell“ sind?
Warum sollte Run like a girl eine Konkurrenz sein? Warum kann es nicht einfach eine Tatsache sein?
Eine Realität, in der wir unser Bestes geben – ohne Rechtfertigung.
Ich weiß: Es sollte eine Tatsache sein. Es ist aber keine.
Run as fast as you can – ja, das passt zur Kara-Robinson-Story. Denn für sie bedeutete es, ihr Leben zu retten.
Fazit: Was wir von dem Trend "run like a girl" lernen sollten
Das hier ist eine wahre BEYOND THE (WOMEN) RUNNERS' FEELINGS Geschichte – die einen fühlen bei dem viralen Sound Stärke, Willenskraft und Mut. Andere stellen sich ihren Ängsten und machen auf die ernste Realität weiblicher Lebenserfahrungen aufmerksam. Alles ist gerechtfertigt. Beide Botschaften sind notwendig.
Im Kern geht es darum, den Begriff "run like a girl" erneut zu reclaimen und seine eigene Geschichte zu erzählen.
Normalerweise würde ich jetzt schreiben "Vielleicht brauchen wir weniger Trends und mehr Realität." Doch in diesem Fall brauchen wir weniger Realität und mehr Trends. Trends, die das Laufen aus der Perspektive von Frauen zeigen und dem, was fernab von Motivation, Bewegung und Wettkampf damit verbunden ist.
Denn Run like a girl sollte nicht nur bedeuten, schnell zu sein. Sondern frei. Frei von Angst. Frei von Vergleichen. Frei von der Notwendigkeit, sich immer wieder beweisen zu müssen. Vielleicht irgendwann.
Quellen:
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