„Was nicht auf Strava hochgeladen wurde, hat nie wirklich stattgefunden.“ – Was als humorvoller Running-Gag unter Läufer:innen gilt, kann einen faden Beigeschmack haben. Muss man seine Aktivitäten hochladen und öffentlich zugänglich machen, um als Läufer:in etwas wert zu sein? – beyond the runners’ feelings.
“Strava or it didn’t happen” – Läufer:innen, immer.
„Strava or it didn’t happen“ – Eine humorvolle Pointe oder bitterer Ernst?
Der Spruch "Strava or it didn’t happen" verankert die Idee, dass sportliche Aktivitäten nur durch digitale Sichtbarkeit Bedeutung erlangen. Kurzum: Wer seine Lauf-Aktivität nicht auf Strava hochgeladen und öffentlich zugänglich gemacht hat, der war quasi gar nicht laufen… ;)
Dieser Spruch ist natürlich nicht ernst gemeint – er gilt als humorvolle Pointe nach einem Lauf, wenn das Ergebnis nicht hochgeladen oder die Laufuhr nicht mehr ordentlich getrackt hat. Doch wie bei so vielem, was wir mit einem Augenzwinkern sagen, steckt auch hier mehr dahinter. Es lohnt sich, genauer hinzusehen: Was sagt dieser Spruch über uns, über unser Laufen – und vielleicht sogar über unsere Zeit?
Was passiert, wenn dieser Gedanke zur Regel wird? Wenn man anfängt zu glauben, dass ein Lauf ohne digitale Sichtbarkeit weniger wert ist?
Throwback: Was ist Strava überhaupt?
Ich bin selbst bei Strava angemeldet, jedoch sind 99% meiner Läufe nicht öffentlich. zugänglich. Ich nutze die App nicht mehr. Früher sah das anders aus.
Vor 5 Jahren habe ich übrigens mal ein “spannendes” Feedback zu meiner Nutzung von Strava erhalten: Ich solle die Aktivitäten ordentlich benennen und zudem tolle Bilder hochladen, denn so nutze man die App schließlich. Lediglich voreingestellte und normale Aktivitäten, wie die App sie selbst hochlädt und benennt (z.B. “Lauf am Mittag”) möge schließlich niemand sehen. – Das ist kein Scherz, diese Nachricht hat mich tatsächlich erreicht.
Mir war das egal. Schließlich muss mir niemand folgen. Oder doch?
Scheinbar ist Strava sowas wie der heilige Gral unter Läufer:innen. Kein Wunder – mit gewissen Challenges wie “Urban Legends” , der Vergabe von Kudos und der Nennung von Platzierungen innerhalb des eigenen Netzwerkes gibt sie genug Anlass, sie zu nutzen und Ergebnisse auf den sozialen Medien zu teilen. Wer war auf einer Etappe besser? Wer führt an? Wer hat heute um 5:00 Uhr schon 500 Höhenmeter gesammelt?
Gegenfrage: Wer hat es noch nicht getan? Wer hat es nicht getrackt?
Hier soll es jedoch nicht um die App per se gehen, sondern um den Spruch. Und es soll über die Intention dieser Aussage gehen und welchen (unvorteilhaften) Unterton sie mit sich bringen kann.
Digital Detox und FOMO : Wenn das Tracken zur Last wird
Es scheint, als ob dieser Spruch einen unterschwelligen Druck erzeugt, der die eigentliche Magie des Laufens verwässern kann. Laufen wir heute überhaupt noch für uns selbst? Oder laufen wir, um Teil eines digitalen Narrativs zu sein? Womöglich ist es beides.
Ich bin der Meinung, dass dieser Spruch im Unterbewusstsein FOMO (Fear of missing out) suggeriert und dass sportliche Aktivitäten nur dann "zählen", wenn wir sie öffentlich dokumentieren. Die Angst, nicht "dazuzugehören" oder nicht wahrgenommen zu werden, steigert den Druck, alle Aktivitäten digital sichtbar zu machen.
Es geht noch einen Schritt weiter: FOMO führt oft dazu, dass wir uns nicht mehr auf das konzentrieren, was uns gut tut, sondern darauf, was andere sehen. Unser Laufen wird fremdbestimmt.
Wir verlieren uns in den sozialen Vergleichen, anstatt dass wir uns auf den eigenen Fortschritt fokussieren.
Strava or it didn't happen. Ganz ehrlich? Da passiert eine ganze Menge außerhalb von Strava. Außerhalb von Technologie. Der Spruch „Strava or it didn’t happen“ macht es uns schwer, die Technologie loszulassen. Es ist, als ob wir den Lauf „verschwenden“, wenn wir ihn nicht dokumentieren. Doch das ist eine Illusion. Ein Lauf hat immer Wert – auch dann, wenn nur wir ihn erleben. Vielleicht sogar gerade dann.
Die positive Seite des Spruchs: Motivation und Gemeinschaft
Das bedeutet aber nicht, dass der Spruch im Kern negativ ist. Das hier soll und darf kein Meckern sein. Im Gegenteil: Er hat auch eine positive, verbindende Seite. Tracken, teilen, liken – das schafft im besten Fall ein Community-Gefühl und eine Gelegenheit, beim nächsten Aufeinandertreffen tolle Gesprächsthemen zu haben. Es ist eine Möglichkeit, uns gegenseitig zu inspirieren und Geschichten zu erzählen.
Wenn wir den Spruch als Einladung sehen, uns mit anderen auszutauschen, könnte er wirklich zu einer Quelle der Freude werden. Könnte. Konjunktiv II. Es gilt das Sender-Empfänger-Prinzip.
Fazit: Alles eine Frage der Balance
Der Schlüssel liegt – wie so oft – in der Balance. Tracken und teilen darf Spaß machen, aber es sollte uns nicht kontrollieren. Der Spruch „Strava or it didn’t happen“ ist letztlich ein Spiegel unserer Zeit: Er zeigt uns, wie sehr wir uns nach Anerkennung sehnen – und wie schwer es uns fällt, uns selbst genug zu sein.
Glaubt mir, ich kenne das Gefühl nur zu gut.
Am Ende ist es ein Spruch, der mit einer Menge Ironie einhergeht. Nichts, was man auf die Goldwaage legen muss. Trotzdem hat sich das Laufleben, wie so viele andere Dinge, über die Jahre einfach verändert. In der Wahrnehmung, in der Sichtbarkeit, im Einfluss von digitalen Plattformen und der Kommerzialisierung.
A lot did happen. Und nicht alles davon ist auf Strava sichtbar. zwinker
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